Ronald Pokoyski Foto: Tom Bioly |
Man musste schon genau
hinhören, um die kritischen Untertöne mitzubekommen. Der Vortrag
des Jenaer Religionswissenschaftlers Ronald Pokoyski zum Kreationsmus
in Deutschland war vor allem anderen von
wissenschaftlicher Neutralität geprägt. Das verschaffte einen sehr
guten Einblick in die Thematik, verwischte allerdings an manchen
Stellen mögliche Gefahren jener Anschauung.
Auch zu Beginn dieses
Semesters haben wir es wieder geschafft, den Raum mit knapp 40 Leuten
ganz zu füllen. Dabei interessierten sich auch einige
nicht-studentische Teilnehmer für das Thema.
Pokoyski erläuterte
zunächst, weshalb die Evolution einen derartigen Zankapfel ausmacht:
weil sie den Menschen betreffe, zentrale Glaubensinhalte berühre und
schließlich häufig mit unwissenschaftlichen bzw. philosophischen
Problemen verbunden werde. Endgültig zum Feindbild von
Fundamentalisten wurde sie durch berüchtigte Fehlverständnisse wie
die Abstammung des Menschen vom Affen, das Überleben des
Stärkeren, die Unmöglichkeit positiver Mutationen sowie
die widersprüchlichen Vorwürfe des Zufalls und der
Teleologie.
Eine entscheidende Wende
oder, wie Pokoyski es formulierte, „Neuauflage“ erfuhr der
amerikanische Kreationismus in den 1960er Jahren. Ab dieser Zeit
strebten seine Vertreter ein Nebeneinander der „Theorien“
Schöpfung und Evolution an, indem sie erstere auf eine
wissenschaftliche Basis zu stellen versuchten. Aus Hinterwäldlern
waren Pseudowissenschaftler geworden.
Diese Spielart des Kreationismus, die schließlich auch das Intelligent Design hervorbringen sollte, wurde sodann in alle Welt exportiert, eben auch nach Deutschland. Hier wird sie seit geraumer Zeit u.a. von der „Studiengemeinschaft Wort und Wissen“ vertreten, die „neue Deutungshorizonte für wissenschaftliche Daten“, also Hokuspokus etablieren möchte. Die Vereinigung ist dabei in sich selbst allerdings recht heterogen; propagierte Standpunkte reichen von wortwörtlicher Bibelauslegung bis hin zu skeptischen Vorbehalten gegenüber der Evolution.
So ist heute das gesamte kreationistische Spektrum auch in Deutschland vertreten: Kurzzeit- und Langzeitkreationismus, Intelligent Design sowie theistische Evolution.
Diese Spielart des Kreationismus, die schließlich auch das Intelligent Design hervorbringen sollte, wurde sodann in alle Welt exportiert, eben auch nach Deutschland. Hier wird sie seit geraumer Zeit u.a. von der „Studiengemeinschaft Wort und Wissen“ vertreten, die „neue Deutungshorizonte für wissenschaftliche Daten“, also Hokuspokus etablieren möchte. Die Vereinigung ist dabei in sich selbst allerdings recht heterogen; propagierte Standpunkte reichen von wortwörtlicher Bibelauslegung bis hin zu skeptischen Vorbehalten gegenüber der Evolution.
So ist heute das gesamte kreationistische Spektrum auch in Deutschland vertreten: Kurzzeit- und Langzeitkreationismus, Intelligent Design sowie theistische Evolution.
Pokoyski hat sicher
recht, wenn er festhält, es gehe derzeit keine Gefahr für Leib und
Leben von kreationistischen Tendenzen in Deutschland aus, zumal auch
die Großkirchen sich weitgehend davon distanzieren. Wie auch in der
anschließenden Diskussion angemerkt, unterschlägt er dabei
allerdings die unterschwellige moralische Komponente, die Streit um
die Evolution mit sich bringt. Verwerfen doch die Kirchen keineswegs
„Gott“ als moralischen Anker. Daher sehen sich Vertreter der
wissenschaftlichen Evolutionstheorie unvermindert dem Vorwurf,
ja beinahe der Forderung ausgesetzt, „schlechtere“ Menschen zu
sein, da ja nur der Stärkere sich durchsetze, alles Zufall und der
Mensch nur (!) ein Tier sei (womit wir wieder bei den Irrtümern
wären). Gerade der letzte Punkt zeigt, wie wichtig beispielsweise
das Engagement der Giordano-Bruno-Stiftung gegen so eine
speziezistische Ethik ist.
Demgegenüber
ließ Pokoyski zum einen das naturalistische Wissenschaftsverständnis
und zum anderen die Diskussionsunwilligkeit des bekanntesten
deutschen Kreationismus-Kritikers, Ulrich Kutschera, ein wenig zu
kritisch stehen.
Freilich wirkt es zunächst seltsam, sich Diskussionen zu verweigern. Allerdings ist der Grund hierfür schlicht das Gegenüber: Ist es nicht verständlich, dass jemand, der Jahrzehnte seines Lebens, darunter einen großen Teil im Labor, biologischer Forschung gewidmet hat – nicht mit jedem dahergelaufenen Bibelfanatiker diskutieren will, der in Bezug auf Naturwissenschaft ein „complete and utter ignoramous“ ist, wie Dawkins einmal Harun Yahya nannte?
Und zu guter letzt: Dass in der Wissenschaft keine Geister, Götter oder sonst etwas vorkommen dürfen, liegt nicht an einer willkürlichen Festlegung, sondern an der Bedeutung dieser Wörter. „Es war Gott“ heißt in solchen Zusammenhängen nichts anderes als: „Ich weiß es nicht, will aber um jeden Preis sofort eine Antwort.“
Freilich wirkt es zunächst seltsam, sich Diskussionen zu verweigern. Allerdings ist der Grund hierfür schlicht das Gegenüber: Ist es nicht verständlich, dass jemand, der Jahrzehnte seines Lebens, darunter einen großen Teil im Labor, biologischer Forschung gewidmet hat – nicht mit jedem dahergelaufenen Bibelfanatiker diskutieren will, der in Bezug auf Naturwissenschaft ein „complete and utter ignoramous“ ist, wie Dawkins einmal Harun Yahya nannte?
Und zu guter letzt: Dass in der Wissenschaft keine Geister, Götter oder sonst etwas vorkommen dürfen, liegt nicht an einer willkürlichen Festlegung, sondern an der Bedeutung dieser Wörter. „Es war Gott“ heißt in solchen Zusammenhängen nichts anderes als: „Ich weiß es nicht, will aber um jeden Preis sofort eine Antwort.“
Hallo Tom, von mir ein paar Anmerkungen:
AntwortenLöschen"Pokoyski hat sicher recht, wenn er festhält, es gehe derzeit keine Gefahr für Leib und Leben von kreationistischen Tendenzen in Deutschland aus"
Derzeit keine Gefahr für Leib und Leben? Soll das ein Witz sein?
"Demgegenüber ließ Pokoyski zum einen das naturalistische Wissenschaftsverständnis [...] ein wenig zu kritisch stehen.
Habe ich da etwas verpasst? Meines Erachtens hatte Pokoyski sich Kutscheras Aussage "Götter, Designer usw. müssen aus der Wissenschaft draußen bleiben" angeschlossen.
"Ist es nicht verständlich, dass jemand, der Jahrzehnte seines Lebens, darunter einen großen Teil im Labor, biologischer Forschung gewidmet hat – nicht mit jedem dahergelaufenen Bibelfanatiker diskutieren will"
Prof. Kutschera hatte das Gespräch mit Prof. Scherer (ein dahergelaufende Bibelfanatiker?) in Erfurt ja abgelehnt. Wenn die Kreationisten wirklich so "hinterwäldlerisch und pseudowissenschaftlich" sind, dann wäre ein Streitgespräch doch die Gelegenheit gewesen, die Kreationisten bloß zu stellen. Meine Vermutung (!) ist, dass Kutschera vor Scherer möglicherweise Angst bekommen hat. (Nebenbei hier ein interessantes Lesestück zur Auseinandersetzung Evolution/Schöpfung: http://www.paul-natterer.de/media/downloads/d70a6997b72eeb5cffff816bac144220.pdf)
Mein persönlicher Eindruck vom Vortrag: Der Referent war ziemlich sachlich und fair - das hatte ich so nicht erwartet. In der Diskussion nachher hatte er W&W ja sogar in Schutz genommen, als einige Leute den Referenten dazu drängen wollten, endlich einmal über das angebliche Gefahrenpotential des Kreationismus zu sprechen. Ich fand den Vortrag allerdings oberflächlich. Über den "Kreationismus in Deutschland" (Thema!) hat man nur sehr wenig erfahren. Kein Hinweis auf die interdisziplinäre Arbeit in Fachgruppen, jährlich stattfindende Fachkonferenzen (Biologie, Physik, Geologie, Archäologie) und sonstige Veranstaltungen. Nicht erwähnt wurde die "Studium Integrale Buchreihe" und das zweimal im Jahr erscheinende "Studium Integrale Journal". Keine Information darüber, wie viele der Mitglieder von W&W überhaupt aktiv sind, d.h. an der biblischen Schöpfungslehre arbeiten. Keine Auskunft, wieweit in der Bevölkerung der Kreationismus verbreitet (Ablehnung Evolutionstheorie, Zustimmung 6-Tage-Schöpfung oder Intelligent Design etc.) ist. Leider kam es auch zu falschen Aussagen und groben Ungenauigkeiten ("Prof. Gitt lehnt Mikroevolution ab", in der Diskussion sagte der Referent sehr unsicher, dass es ein 1 Mal im Monat erscheinendes Haus- oder Infoblatt gäbe).
Liebe Grüße, Theo
Ich stell mir so ein Streitgespräch zwischen einem Kreationisten und einem Naturwissenschaftler(oder Geisteswissenschaftler) schon recht amüsant vor.
AntwortenLöschenWie wär's mit dem Thema: Arche Noah - Mission Impossible.
Es ist schon erstaunlich wie Wort und Wissen im Alleingang ganze Wissenschaftsbereiche revolutioniert: Biologie, Geologie, Archäologie, Physik. All das. Und ich dachte früher man müsse sich jahrzehntelang mit einem Fachgebiet auseinandersetzen, sich in der wissenschaftlichen Community unter Beweis stellen, um irgendwann eine gewisse Expertise zu erlangen. Dann zu behaupten, dass diesen Experten jahrzehntelang die offensichtlichsten Fehler unterlaufen sind, z.B. das Alter der Erde gern mal mit ein paar Milliarden Jahren zu überschätzen, ist schon sehr fragwürdig. Das Bild ließe sich dann nur noch aufrechterhalten, wenn man diesen dubiosen Wissenschaftlern eine konspirative Motivation unterstellt , z.B. sie seien tadaaamm Atheisten ! und würden ein atheistisches Weltbild propagieren wollen, obwohl die Faktenlage diametral dazu läge !
Es wäre am besten Kreationisten würden erstmal vor ihrer eigenen Haustüre kehren und ihre eigenen Glaubenssätze kritisch betrachten (per Definition gar nicht möglich), anstatt sich wild auf dem Felde angeblicher Kontroversen der Wissenschaft zu betätigen.
Versteh mich nicht falsch. Ich bin dafür, dass auch vermeintliche Fakten hinterfragt werden. Nichts darf uns "heilig" sein. Aus der Revision lebt die Wissenschaft. Aber diese christlich-fundamentalistische Geist lässt doch stark an einer ergebnisoffenen Diskussion auf kreationistischer Seite zweifeln. Am Ende ist der Kitt jeder wackeligen Konstruktion "Gott weiß allein", "Gottes Wege sind unergündlich", "Gott war das".
Hallo Thomas!
AntwortenLöschen"Und ich dachte früher man müsse sich jahrzehntelang mit einem Fachgebiet auseinandersetzen, sich in der wissenschaftlichen Community unter Beweis stellen, um irgendwann eine gewisse Expertise zu erlangen." Viele Mitarbeiter von W&W arbeiten schon jahrzehntelang in ihrem Fachgebiet, es gibt jährlich stattfindende Fachkonferenzen. Vielleicht solltest du eine davon mal besuchen, um dir ein wirkliches Urteil zu verschaffen. Das Problem in der wissenschaftlichen Community ist, dass Evolutionskritiker oft nicht gerne gesehen sind.
"Dann zu behaupten, dass diesen Experten jahrzehntelang die offensichtlichsten Fehler unterlaufen sind, z.B. das Alter der Erde gern mal mit ein paar Milliarden Jahren zu überschätzen, ist schon sehr fragwürdig" Das Gegenteil ist wahr. W&W sagt: "Junge Erde konnte bisher wissenschaftlich nicht gut begründet werden." (Ullrich / Junker: Schöpfung und Wissenschaft. Die Studiengemeinschaft Wort und Wissen stellt sich vor, S. 50)
"Das Bild ließe sich dann nur noch aufrechterhalten, wenn man diesen dubiosen Wissenschaftlern eine konspirative Motivation unterstellt , z.B. sie seien tadaaamm Atheisten ! und würden ein atheistisches Weltbild propagieren wollen, obwohl die Faktenlage diametral dazu läge !" W&W unterstellt den Wissenschaftlern keine konspirative Motivation. Was allerdings hinterfragt wird, ist die Absolutsetzung des methodischen Naturalismus. Und ja, in der Ursprungsfrage spielt die Weltanschauung in der Tat eine große Rolle.
"Versteh mich nicht falsch. Ich bin dafür, dass auch vermeintliche Fakten hinterfragt werden. Nichts darf uns "heilig" sein. Aus der Revision lebt die Wissenschaft." Ich bin auf eure Reaktion auf unsere Vorträge am 20. November gespannt! Wie "heilig" ist der GBS, die sich dem "evolutionären Humanismus" verschrieben hat, die Evolution des Menschen wirklich?
LG Theo
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