Unser Mitglied Vasko Biermann verfasste anlässlich des Todestags von Giordano Bruno eine "Ermutigung, sich aufklärerischer Werte zu bedienen, um
weniger aufgeklärte Menschen für ebendiese zu begeistern und dem Namen
der GBS gerecht zu werden."
Liebe Humanisten,
zum 415. Todestag des Namenspatrons der Giordano-Bruno-Stiftung wünsche
ich uns allen eine aufgeklärtere und vernunftgeleitete Welt. Möge die
eigene Meinung geschützt und die Kritik an der herrschenden Meinung
furchtlos sein!
Das Leben und Wirken Giordano Brunos, welches im Zeichen der Anerkennung
eines unendlichen Weltalls und der Kritik an der kirchlichen Lehre
stand, ist ein hervorragendes Beispiel, das zeigt, dass der Humanismus
und die Aufklärung die sogenannten westlichen Werte unserer Gesellschaft
geschaffen haben – nicht etwa Kirche oder sonstige religiöse
Gemeinschaften. Gegen diese (z.B. Inquisition) mussten und müssen die
aufklärerischen Werte teilweise bis heute mühsam erkämpft werden. Für
die Durchsetzung des freien Glaubens ließen viele Menschen ihr Leben.
Sich also heute (wie beispielsweise PEGIDA) hinzustellen und zu behaupten,
dass diese die christlich-(jüdischen) Werte des Abendlandes zu
verteidigen wüssten, ist eine bodenlose Frechheit und ungerechtfertigte
Verdrehung der Geschichte der Aufklärung, die mit viel Blut und Leiden
gegen eben diese christlichen "Werteschöpfer" erkämpft werden musste.
Dennoch darf meiner Meinung nach eine Meinungsäußerung der
PEGIDA-Demonstranten, die ich nicht teile, niemals verboten werden.
Behauptungen/Forderungen sollten allerdings möglichst sachlich und
konstruktiv erläutert und "aufgeklärt" werden, um Falschaussagen oder
auch bewusste Lügen zu enttarnen und einzuordnen. Die harterkämpften
aufklärerischen Werte dürfen nicht durch glänzendes Fehldeuten in den
falschen Rahmen gebracht werden.
Kirchliche Einrichtungen sind (in aller
Regel) keine Aufklärer, sondern Dogmatiker. Sie vertreten im Sinne des griechischen Wortes "dogma" Leitsätze, Meinungen (der Kirche), Beschlüsse und Verordnungen. Ich möchte meine Meinung aber nicht verordnet bekommen und kann mir
schwer vorstellen, dass ich durch Nachahmen von Beschlüssen zu einer
freien Willensbildung gelangen kann.
Die aufklärerischen Grundsätze – von der eigenen Mündigkeit, dem
Grundgedanken der Vernunft, der gewünschten Vorurteilslosigkeit, der
umfassenden Bildung, der Kritikausübung, der (insbesondere religiösen)
Toleranz, der Anerkennung von Naturgesetzen – laufen dieser belehrenden
Sichtweise (die vor allem die katholische Kirche vertritt) zuwider.
Wir sollten alle froh sein, dass es uns heute möglich ist, frei und
eigenverantwortlich zu denken und zu entscheiden, dass die Vernunft und
die Wissensfreudigkeit unser Handeln leiten und wir tolerant gegenüber
"Andersgläubigen" (um diesen äußerst unschönen Begriff zu verwenden) und
"Andersmeinenden" sind. Wir erfreuen uns ihrer persönlichen Meinung und
tauschen uns vorurteilsfrei mit ihnen über Meinungsunterschiede und
-gemeinsamkeiten aus. Kritisieren ihre unpassenden Äußerungen und
erklären ihnen von Mensch zu Mensch warum uns das oder jenes zuwider
läuft. Das ist eine wahre Errungenschaft, die wir pflegen sollten, auf
die wir uns tagtäglich berufen sollten.
So können wir sie möglicherweise von unserer Denkweise überzeugen oder
ihnen diese zumindest nahebringen. Mehr können wir nicht tun, denn sonst
begeben wir uns in die Rolle des Oberlehrers, der alles besser zu
wissen scheint, der für den zu überzeugenden Schüler allerdings oft
einschüchternd und rechthaberisch wirkt. Der Besserwisser stellt sich
einer freiwilligen, aus Interesse und Überzeugung geschaffenen
Auseinandersetzung mit den aufklärerischen Idealen in den Weg.
Wir sollten diesem Beispiel nicht folgen, sondern am eigenen Erfolg
festhaltend, guten Gewissens unsere Botschaft übermitteln, Zuversicht
schaffen, Hoffnung schüren auf eine aufgeklärte Welt.
Schneller als gedacht werden wir dann alle merken, dass das Ziel, die
aufklärerischen Ideale bekannter zu machen, uns viel näher gekommen ist. Damit wird dann auch in Debatten stärker über diese Ideale nachgedacht
und die gesellschaftliche Teilhabe der Aufklärung wird sich verstärken.
Um Giordano Bruno gerecht zu werden, sollten wir diesem Gedanken folgen und seine Leistungen würdigen. Denn ohne sein Wirken und das Schaffen seiner geistigen
Brüder und Schwestern ständen wir heute in einer anderen Welt
und hätten nicht dieselben Möglichkeiten zur Verfügung.
Bruno ist 1600 als Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden, um
den Einfluss seiner Ideen einzudämmen. Wir sollten uns diesem Zweck
gegenüber stellen und die Ideale von Aufklärung und Humanismus pflegen
und bereichern. So kann es uns gelingen fehlgeleiteten, halbwissenden
Zeitgenossen entgegen zu wirken und Bildung, Vernunft und Toleranz im
heutigen Denken zu verankern.
Vasko Biermann
Weitere Informationen über Giordano Bruno findet ihr im Kalenderblatt des hpd.
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